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10 Jul

Es geht nicht

Ich mag keine Menschen die sich beschweren oder Dinge nicht auf die Reihe bekommen. Meiner Ansicht nach bringt es nichts sich zu beschweren, zu leiden oder zu sagen man schafft etwas nicht. Denn man hat sowieso keine Wahl und zu jammern, hat noch keinen Menschen weitergebracht. Das ist eine egoistische Ansicht, ich weiss. Jeder Mensch ist mit anderen Ressourcen ausgestattet und handelt deshalb auch anders. Ich musste immer alles schaffen und wollte das auch. Egal mit welchen Situationen ich konfrontiert wurde, ich musste und wollte es irgendwie auf die Reihe kriegen. Das wurde in letzter Zeit immens viel. Ehrlich gesagt ist es schon seit ein paar Jahren viel, aber wie ich schon sagte, ich mag keine Menschen die sich beschweren.

 

Neben meinem Medizinstudium und dem Blog, gibt es familiäre Umstände, deren Verantwortung ich alleine trage und die schon seit Jahren „nebenher“ laufen. Ich trage diese Verantwortung gerne alleine, denn ich bin schlecht in Sachen Hilfe annehmen.
Und das ist auch absolut in Ordnung.

Doch in den letzten Wochen fehlte mir jegliche Energie. Zu allem. Ich fühlte mich extrem überfordert von meinem Studium, obwohl ich mittlerweile scheinfrei bin und eigentlich nur noch mein Examen im Herbst schreiben müsste. „Eigentlich NUR mein Examen schreiben“, klingt auch wieder sehr einfach. Besonders für meine Umwelt, die davon ausgeht, dass ich das alles schon mache. Oft höre ich, egal auf welche Situation bezogen: „Wenn das einer schafft, dann du.“ , „Du machst das schon , hast ja bis jetzt auch immer alles gemacht und geschafft.“ Das sind alles sehr liebevolle Worte, die mir sagen, dass Menschen an mich glauben. Andererseits schüren sie enorme Erwartungen. Es wird davon ausgegangen dass ich es mache, schaffe und sowieso den Rest auch noch auf die Reihe kriege.

Aber in den letzten Wochen ist mir alles extrem schwer gefallen, die kleinsten Aufgaben haben mich enorm gestresst.
Kreative Ideen für den Blog? Fehlanzeige. Geduld mit Menschen die auf mich angewiesen sind? Keine Spur.
Ich war enorm gereizt und habe es einfach partout nicht geschafft, mein Pensum zu erfüllen. Ich hatte auch wenig Spaß an Dingen, oder habe plötzlich aus dem Nichts angefangen zu weinen. Und das nur auszuschreiben, fällt mir extrem schwer, denn ich weine eigentlich nicht.
Ich war enttäuscht von mir und konnte meine Ansprüche an mich selbst nicht erfüllen. Und meinen eigenen Ansprüchen nicht zu genügen, ist für mich unfassbar schlimm. Ich konnte es aber irgendwie nicht ändern.
Mein Plan war es im Oktober das Examen zu schreiben, danach ein Freisemester zu nehmen um nochmal intensiv für den Blog zu arbeiten und meine Doktorarbeit fertig zu schreiben. Denn danach geht es in mein Praktisches Jahr und ich arbeite Vollzeit in der Klinik.

Bis zu einem kleinen Schlüsselmoment, war das der feste Plan. Ich stand im Gang, bei meiner Mama und sagte „Es geht nicht.“
In diesem Moment habe ich für mich die Entscheidung getroffen, mein Examen auf das Frühjahr zu verschieben und mein geplantes Freisemester jetzt zu nehmen.
Zum einen fühlt es sich für mich wieder wie versagen an, zum anderen ist eine enorme Last von mir gefallen. Ich habe erheblich Druck aus der Sache genommen und bin mittlerweile sehr glücklich mit dieser Entscheidung.
Ich habe jetzt einfach mehr Luft.
Mehr Luft mich ausreichend vorzubereiten, mehr Luft meinen Job und meine Leidenschaft so umzusetzen, dass es meinen Ansprüchen gerecht wird.
Und mehr Luft um alle anderen zusätzlichen kleinen und großen Katastrophen besser abfangen zu können.
Und den Menschen, die auf mich zählen, wieder auf einer hilfsbereiten, geduldigen Ebene zu begegnen, anstatt gereizt und unfair zu sein.

Sophia

Sophia ist eine der beiden Gründerinnen des erfolgreichen Mode- und Lifestyleblogs The Skinny and The Curvy One. Als „The Skinny one“ präsentiert sie ihren Lesern nicht nur Mode, sondern nimmt diese auch mit auf Reisen, berichtet über die aktuellsten Lifestylethemen und gibt oftmals auch einen privaten Einblick in ihre Gedanken. Durch die Gründung des Blogs kann Sophia ihre Leidenschaft für Mode zum Ausdruck bringen und hat so genug Raum für ihre Kreativität geschaffen. Dies ist somit der perfekte Ausgleich zu ihrem Medizinstudium.

7 Comments
  • Melanie

    Wow, Hut ab für diesen emotionalen und ehrlichen Post! Ich wünsche dir alles Liebe und dass du deinen Weg für dich findest, so dass alles klappt und du dich auch damit wohl fühlst.

    10. Juli 2018 at 15:17 Antworten
  • Anne

    Liebe Sophia,
    du sprichst mir unheimlich aus dem Herzen! Genau wie du, bin ich gerade scheinfrei und hab mein 2. StEx nach einem langen Kampf mit mir selbst aufs nächste Frühjahr verschoben.
    Neben dem Studium noch ein kleines Unternehmen zu führen, Beziehung, Freunde und Familie unter einen Hut zu bringen, hat mich zu oft an meine Grenzen und darüber hinaus geführt.
    Die Reaktionen des Umfelds, die du beschreibst, kenne ich nur zu gut. „Du hast doch bisher immer alles geschafft“, „Du hast es dir ja so ausgesucht“, „Du machst das doch mit links“…
    Ja, ich habe es bisher immer alles geschafft und es war meine Wahl. Aber wieviel Arbeit, Disziplin und Kraft es einem abverlangt, sehen nur die wenigsten (oder man lässt es nur die wenigsten sehen). An irgendeinem Punkt ist es dann soweit, dass auch die Stärksten aus Liebe zu sich selbst mal einen Gang zurückschalten müssen.
    Für uns fühlt es sich paradoxerweise zunächst nach Versagen an, aber das ist es nicht. Es beweist Stärke und du kannst stolz darauf sein, dass du diese Entscheidung getroffen hast. Dein vom Herzen gefallener Stein und die Erleichterung nach der Entscheidung beweist dir, dass es richtig war.
    Meine Bewunderung hast du sicher!

    10. Juli 2018 at 15:19 Antworten
  • fränzi

    Leider hört es sich sehr stark danach an als ob du es sehr vielen Menschen versuchst recht zu machen. Nicht nur dir selbst. Scheiß darauf ob die Erwartungen der anderen erfüllt werden. Familie bist nicht nur du, lass die anderen mal ran. Ich weiß. Verantwortung abzugeben oder Dinge mal schleifen zu lassen kann unglaublich schwer fallen oder muss von manchen Menschen erst erlernt werden aber das dadurch gewonnene Gefühl endlich wieder richtig viel Zeit für sich zu haben und einfach mal gar nichts zu tun ist durch nichts zu ersetzen.
    Einer allein kann nie alles schaffen. Gehe ich richtig in der Annahme das die wichtigste Priorität im Moment Examen und Doktorarbeit sind ?

    Ich sende Dir, liebe Sophia, ganz viel Mut zu Vertrauen, Ruhe und Gelassenheit
    Auf das sich die Dinge fügen

    10. Juli 2018 at 16:38 Antworten
  • Anne

    So ein toller Beitrag, in dem auch ich mich wiedergefunden habe! Manchmal geht es einfach nicht mehr und man will eigentlich nur schreiend wegrennen oder sich irgendwo verstecken. Und sich selbst einzugestehen, dass man einfach nicht mehr so funktioniert, wie man es gerne hätte, ist der Schwerste…meine höchste Bewunderung für so viel Offenheit in der oft zu glattgebügelten Welt von Instagram und Blogs. Liebe Grüße 🙂

    10. Juli 2018 at 17:45 Antworten
  • Eva

    Ich lese die Zeilen und denke sie könnten von mir stammen. Der entscheidende Unterschied ist daß ich leider nicht rechtzeitig den Pausenknopf für mich gedrückt hatte und mit einem Burnout (ich hasse diesen Begriff) ausgeschaltet wurde. Dadurch musste ich auf die harte Tour lernen daß man sich Pausen gönnen muss auch wenn man ein ehrgeiziger und zielorientierter Mensch ist. Es war viel schwieriger als alles andere was ich bisher gemacht habe. Liebe Sophia es ist genau die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit.

    10. Juli 2018 at 18:59 Antworten
  • Lisa

    Starke und ehrliche Worte! Nichts davon ist schwach und es ist auch absolut kein Versagen – auch wenn ich diesen Gedanken sehr nachvollziehen kann.
    Mir ging es letztes Jahr vor dem Examen genauso. Ich war nicht so mutig und habs durchgezogen, obwohl es mir sehr schlecht ging. Danach hab ich mir die Auszeit genommen und mein Leben generell neu sortiert.
    Du findest den richtigen Zeitpunkt dafür! Wünsche dir, dass du im Sommer ganz viel Kraft und Energie sammeln kannst!

    10. Juli 2018 at 22:41 Antworten
  • Claudia

    Hallo Sophia,

    es ist richtig so 🙂

    Allerdings muss ich Dir ein wenig widersprechen. Wenn Menschen jammern, äußern sie damit ihre aktuelle Überforderung. Das ist nicht schlecht, nicht verwerflich. Deine Überforderung zeigt sich halt anders, Du „frisst“ das in Dich rein und entscheidest dann, was Du tun wirst. Die meisten jammern oder „kotzen sich aus“. Ich finde das richtig. Es ist menschlich und leider in der heutigen Zeit viel zu häufig, dass wir uns mit den tagtäglichen Aufgaben schnell überfordert und ausgelaugt fühlen. In so einer Situation muss man sich ein Ventil suchen, Dampf ablassen und ggf. auch bis zum Jammern/Auskotzen kommen. Es hilft meistens, weil man es sich von der Seele redet und Abstand gewinnt.

    Alles Gute für Dich, atme durch 🙂
    LG
    Claudia

    11. Juli 2018 at 10:36 Antworten

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